Mal wieder ein
Sicherheitstraining machen? Das letzte ist ja schon etwas länger her, das Motorrad
ist ein Anderes, und sowieso macht's immer wieder Spaß.
Und wo? Da hab ich doch
von verschiedenen Motorradkollegen und Kolleginnen was gehört, in Oberhausen, Safety-Team
oder so ähnlich.
Dank Internet-Suchmaschine kein Problem, den Anbieter zu
finden:
Safety-First-Team
Oh Mann, die Termine sind ja ruckzuck weg, aber Anfang Mai ist eine gute
Zeit, und das über 6 Monate lange Warten war sowieso in der Winterzeit.
Dann kam er endlich, der 10. Mai. 10 Uhr, herrlicher Sonnenschein, keine Wolke weit
und breit, 12°C, ideales Wetter für die Veranstaltung, dachte ich zumindest
noch am Morgen.
Der Veranstaltungsort liegt verkehrsgünstig an der A 42. Ein riesiger
Parkplatz eines Industrieunternehmens steht exklusiv für das Training
bereit. Überall auf dem Parkplatz sind rot-weiße Hütchen aufgestellt, am
gegenüberliegenden Ende ist ein Zeltpavillion aufgebaut. Petra empfängt mich
freundlich am Parc fermé, Motor aus und Absteigen, aber bitte den
Seitenständer vorher rausklappen. Ja, nee, is klar, wenn ich das nicht
mache, fällt mir die Karre um. Aber Petra erzählt, dass das noch lange
nicht
von jedem in der Reihenfolge gemacht wird. Punkt 1 des Trainingsprogramms
erledigt. Das Motorrad noch schnell auf seinen Parkplatz geschoben (wieso
heißt das Ding eigentlich Motorrad) und ab
zum Anmelden. Chefin Gaby erklärt einiges über den Ablauf des Tages und
überreicht für einen der wichtigsten Tagesordnungspunkte die Speisekarte des
Pizza-Manns. Dann noch an die Kaffeekanne und den ersten Kaffee
des Tages
genießen.
Erstmal etwas Theorie zu Fahrphysik eines Zweirades, eindrucksvoll von Manni
dargestellt.
Auf geht's. Alle Mann und Frau zu ihren Mopeds! Prima, endlich wieder
Fahren, aber Pustekuchen. Erst mal wird Geist und Körper auf das Training
eingestimmt. Wenn das der Seitenständer mal aushält, wenn ich mich anstatt
auf die Sitzbank zu setzen, drauf kniee. Aber es hält. Dann heißt es aber
wieder Hinsetzen und Augen zu zum dezenten Meditieren.
Die Sonne wandert Zentimeter für Zentimeter in Richtung Zenit.
Ladies and Gentlemen, start your engines.
Jetzt kommt, was Old Didda überhaupt nicht mag und auch in der Vergangenheit
nicht mochte. Die vorangegangenen Turnübungen sollen jetzt noch einmal
während der Fahrt gemacht werden. Ein gutes Verfahren, um mit seinem
Motorrad und sich selbst ein perktes Gleichgewichtsverhältnis zu
bekommen. Aber niemand wird zu irgend etwas gedrängt, und so habe ich, auch
auf Rücksicht meiner alternden Gelenke, nur das für mich persönlich
Notwendigste absolviert und ein paar mehr oder weiniger entspannte Runden auf
dem Platz gefahren.
40 Leute haben sich insgesamt zum Training eingefunden. Daraus werden
übersichtliche Gruppen von jeweils 10 Leuten gemacht. Jede Gruppe hat
mindestens 2 Moderatoren, so dass individuell auf jeden Teilnehmer
eingegangen werden kann.
Ab zu Petra, Uwe und Markus, alle mit höchst stabilen Stimmbändern
ausgestattet, die sich bei Bedarf auch gegen Motorenlärm und schalldämmende
Helme durchsetzen können.
Die Sonne wandert weiter.
Blicktechnik heißt das nächste Thema. Pylone gilt es zu umfahren, nicht eng,
sondern unter Ausnutzung der vollen Fahrbahnbreite. Aber warum schaut mir
Petra dabei immer so tief in die Augen? Nein, nein, sie will nur ganz genau
wissen, wo ich hingeschaut habe. Und das sollten weder ihre Augen noch die lustigen Hütchen
in der Fahrbahnmitte sein, sondern Punkte, die weit in meine Fahrtrichtung
hinein lagen. So geschaut, funktioniert es tatsächlich richtig gut.
Rechts lenken und links fahren beschreibt nur ganz oberflächlich die Technik
des Lenkimpulses. Aber wie es schon im Wort Impuls drin steckt handelt es
sich beim entgegengesetzten Lenkvorgang nur um einen ganz kurzen, der das
Motorrad wie von Geisterhand in die gegenüberliegende Schräglage für die geplante Streckenführung
fallen lässt. Die Ghostbusters können aber trotzdem ihre Füße still halten,
weil Alles nur Physik ist. An einem aus einfachen Mitteln aufgebautem
Modell, welches die wichtigsten Fahrwerkselemente eines Motorrads darstellt,
konnte anschaulich demonstriert werden, was beim Lenkimpuls passiert.
Selbstverständlich wird alles ausgiebig in der Praxis geübt.
Wem hat es noch nie Schweißperlen auf die Stirn getrieben: Eine enge Straße
und die Fahrtrichtung stimmt nicht. Kein Problem, nach einer kurzen
Anleitung ist auch das Wenden ohne "vorwärts, rückwärts, vorwärts, rückwärts
bis es passt und Füße auf dem Boden schleifen lassen"
kein Problem mehr. Interessant: Auch hier hilft wieder der Blick in die richtige
Richtung richtig weiter. Dass das Ganze natürlich auch aus dem Stand
funktioniert, ergab sich dabei fast von selbst.
Ganz stickum werden den Reifenflanken dicke Kreidestreifen verpasst.
Was
soll das denn nun wieder?
Die Sonne steht auf dem Zenit, endlich Mittagspause
Das Pizzataxi, voll gepackt bis unters Dach, fährt pünktlich vor und mit
fortschreitender Pausenzeit macht sich eine Trägheit bemerkbar, die einen gar
nicht mehr auf's Moped steigen lassen möchte.
Da kommen die nächsten Übungen gerade recht: Bremsen
Erst einmal heißt es hinten qualmen lassen, mit blockiertem Rad bis zum Stillstand
bremsen.
Dann aber mit ganz viel Gefühl bis kurz vor die Blockiergrenze auch mit der
Vorderradbremse. Meine Güte, was greifen die 2 x 6 Kolbenzangen zu. Mein
gefühlter Fast-Salto wird dann auch euphorisch gelobt: "Ganz gut so".
Die Bremsübungen empfinde ich als pure Konzentrationsübung. Hier wird
Multitasking gefordert, einschließlich wieder der vorher geübten Blicktechnik.
Aber dann sollte es auch noch entspannter zugehen und ein kleiner
Kurvenkurs stand bereit, um die Hüften wieder etwas zu lockern.
Die Theorie
zum Kurvenfahren gab's vorher gratis dazu. Und die erforderlichen
Fahrtechniken sollten vom Vormittag ja noch präsent sein.
Die geheimnisvollen Kreidestreifen sind kein Geheimnis mehr und recht schmal
geworden.
Was für ein Tag!
Obwohl es für mich ja keine Premiere war, hat es wieder unheimlich Spaß
gemacht, sich selber und das Motorrad neu kennen zu lernen, Vergessenes
wieder aufzufrischen und mit neu geschärften Blick in den Alltag zurück zu
fahren.
Update:
23. August 2009, 10 Uhr, stahlblauer Himmel, 20°C, herrliches Motorradwetter
Nachdem vor 3 Wochen wegen Dauerregens das Aufbautraining ausfallen musste,
haben sich die Teilnehmer nochmals auf den Weg nach Oberhausen gemacht.
16 Männer und 6 Frauen, nicht nur aus der näheren Umgebung, haben sich auf
dem Trainingsgelände eingefunden, mit Motorrädern der unterschiedlichsten
Art: Supersportler, Sporttourer, ein Chopper aus Milwaukee, und Youngtimer
wie Genesis, Zephyr oder GPZ. Und natürlich auch eine ZRX. Alle haben nur
eins im Kopf: Heute werden nur Kurven gefahren.
Auf dem Platz ist ein 920 m langer Kurvenspass mit Hütchen und halbierten
Tennisbällen abgesteckt. Nach einer kurzen Begrüßung und einem Pott Kaffee
wird die Strecke erst einmal zu Fuß abgelaufen und die Eigenarten und die
ideale Fahrweise jeder Kurve erklärt: normale Kurven, Hundekurve, Omega,
Schikanen oder einfach nur runde Show-Kurven. Da auf dem riesigen Platz
natürliche Punkte für die Blickführung fehlen, werden diese durch größere,
gut sichtbare Pylone ersetzt.
Dann geht's los. Erstmal vorsichtig, einer nach dem anderen, mit
respektvollem Abstand. Manch einer ist auf Grund der vielen rot-weißen
Hütchen erst einmal etwas orientierungslos. Da ist dann aber schnell einer
der Moderatoren zur Stelle und fährt als Scout vorne weg.
Nach einigen Runden läuft es bei Allen schon etwas runder und mutiger. Von
den Moderatoren kommen immer wieder lautstarke Kommandos: Außen Fahren! Wo
guckst du hin? Schon mal was vom Lenkimpuls gehört? Da geht aber viel, viel
mehr! Wer ein Hütchen umfährt, zahlt 5 Euro in die Kasse!
Wer mit sich oder dem Motorrad Probleme hat, kann sich an einen der
Instruktoren
wenden, der dann ganz individuell Lösungen bereit hat.
Auch Hanging-Off ist ein Thema. Wer mal im Hanging-Off die Kurven genießen
möchte, kann das unter Anleitung auch mal versuchen oder perfektionieren. Ich erspare es mir.
Weder halte ich mich noch mein Motorrad dafür als besonders geeignet.
Regelmäßige Pausen, die sich jeder selbst auferlegt, sind ganz wichtig.
Bei
dem Kurs merkt man sehr schnell, wenn man etwas unkonzentriert
fährt und ein
Stopp erforderlich ist.
Zusammengefasst: Ein empfehlenswerter Tipp für Alle, die bereits den Grundkurs als Tages-
oder Monatstraining beim Safety-First-Team gemacht haben. Denn nur so kommt
man in den Genuss, am Aufbautraining teilnehmen zu können.
Fazit: 6 Stunden gingen wie im Flug vorbei, das Pizzataxi war auch wieder
da, die Mittagspause wurde aber von den Teilnehmern so kurz wie möglich gehalten, und die
Elefanten auf den Reifen haben deutlich angekratzte Rüssel. Das Wichtigste
aber: Mein persönliches Ziel, ein besseres Gefühl bei dem zu bekommen, was
ich mache, habe ich erreicht. Was mich aber nicht abhalten wird, wieder an
einem Training teil zu nehmen. |
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